Sonntägliche Zeit

Spring – Sir John Everett Millais (1829-1896)
Willkommen, sonntägliche Zeit!
Es klingt aus hundert Kehlen,
aus Busch und Bäumen, weit und breit,
hör‘ ich‘s vom Tag erzählen.

Blüten, die noch verschlossen stehn,
sie träumen vom Erwachen,
die lange Nacht wird bald vergehen,
die Sonne wird bald lachen.

Was hinterm Sinn liegt und Verstand,
weiß niemand recht zu deuten,
doch fühlen wir des Vaters Hand,
wenn heut die Glocken läuten.

Es leuchtet andachtsvoll die Welt
im Klang der vielen Stimmen,
wie aus dem Himmelreich bestellt,
lässt Gott uns Wahrheit bringen.

Kunstwerk

Peder Severin Krøyer (1851-1909)
Nun wird die Erde hell, die Sonne scheint,
und eine Drossel, die früh singt, bringt Segen;
die Meisen sammeln zwitschernd, froh vereint,
Zweige und Flaum zum Nestbau auf den Wegen.

Die Kinder halten Hündchen an der Hand,
die kläffend heiter voran gehn und springen,
der Himmel zieht sein blaues Band durchs Land
und lässt die alte Welt zur Hochzeit singen.

Vom Sonnenstrahl erhellt, ist es erwacht,
das kühle Land - es lässt die Seele steigen;
es malt das Graue bunt und über Nacht
sieht man ihr Kunstwerk leuchtend in den Zweigen.

Buntes Grünen

Die grüne lenzbeglückte Zeit
erwacht in warmer Sonne,
sie trägt ihr schönstes Hochzeitskleid,
beschwingt mit Glück und Wonne.

Bestickt von Farben der Natur,
in lang ersehnten Tönen,
führt eine bunte Blütenspur
zum rauschbeglückten Schönen.

Ein frisches Grün an Busch und Baum,
ein Lied in allen Zweigen,
der schwangre Lenz im Zeitenraum,
zeigt uns die Sonnenzeiten.

Die Heimat – so vertraut - sie singt;
dem edlen Klang zu lauschen,
der in die Winterseelen dringt,
wie zwitschernd Blätterrauschen.

Ostern hinterlässt ein Scheinen -
andachtsvoll, mit heil’gem Laut.
Großer Geist, durch all die Deinen,
klingt Dein warmer Liebeshauch.

Im Fluss der Stadt

Bild von Thang Ha auf Pixabay
Fließend zieht sich der Menschen Gang
durch Straßen dieser Stadt,
die Schatten tanzen, kurz, mal lang,
auf Gehsteig, Hauswand, Blatt.

Vorüber eilt so mancher Schritt -
man hüllt sich in Gedanken;
ein jeder folgt mit gleichem Tritt,
lässt Abstandsdornen ranken.

Sind undurchdringbar, märchengleich -
kein Prinz, um sie zu brechen,
hört nur im eignen stillen Reich
des Geistes Rosen sprechen.

Geheimnisvoll des Schweigens Mund,
versteinert sind die Blicke,
Mensch hastet durch des Flusses Schlund,
sucht seinen Weg zum Glücke.

Frühlingsmorgen

Wie die vielen Vögel singen!
Heben Sinn und Neubeginnen,
was man wohl willkommen heißt.
Über allem ruht der Geist.

Er, der Meister aller Töne,
der das wohl Erhabene, Schöne,
einstig schuf aus Wort und Sinn,
setzt es fort im Neubeginn.

Bild von Christiane auf Pixabay

Hört am lichten Tag das Singen!
Liebevoll klingt das Beginnen,
füllt des Lebens Füllhorn stumm,
wandelt Tod in Leben um.

Vertreibt Leere der Gedanken,
bringt die Dunkelheit ins Wanken,
Lässt auf bunten Wiesen blüh‘n,
Vergissmeinnicht und Tausendschön.

Neuland

Diego Max
Gebunden ist manch Land, gar regungslos im Handeln,
es macht sich frei, dort neu, wo Leben lenkbar ist.
Um sich zu öffnen, Falsches umzuwandeln,
verlangen altgewohnte Muster Lösungsfrist.

Der Wohlstand wird zum Hochmut und das Werden
ein Akt von neuem Sklaventum; frei ist das Land
durch wahre Helfer, gottestreu auf Erden,
beherrschen alle Wildheit durch Verstand. 

Nicht Brücken bauen über wilde Fluten,
sondern zur Selbsterlösung, aller Freiheit Mühe.
Schenkt Friedensblumen ängstlichen Rekruten,
zeigt ihnen Schönheit frei gewachsner Blühte.   

Wie die Gedanken, die man nicht bezwingt,
hat jede Seele ihres Denkens Garten.
Ein Land, das demutsvoll von neuem Frühling singt,
dienend dem Ganzen darf es ihn erwarten. 

Land der Eichen

Quelle: Pinterest
Land der Eichen, du bist mild geworden,
deine Rinde, wie vom Sturm geglättet,
doch wächst deine Wurzel, alt verwoben,
mit dem Boden, der die Ahnen bettet.

Nahmst die Nahrung dir aus fremden Bächen
und aus blutgetränkten Schollen,
hörtest nicht auf andere, wie sie sprechen,
die wie Blumen um dich wachsen wollen.

Holz, lass deine Jahresringe zählen,
die in dir wuchsen, hin durch ferne Zeiten;
wenn die Geschichte spricht, ist’s wie ein Quälen,
man fühlt die neue Zeit darüber schreiten.

Durch die Heimat rauschen neue Klänge -
wie ein Sang aus tausend fremden Kehlen,
und das Eichenlaub teilt rauschend die Gesänge,
dünkt sich neu, aus unbekannten Seelen.

Fernes Leuchten

Oft kreisen die Gedanken wie Planeten, um einen Mittelpunkt, der strahlt im Licht;
manchmal lässt uns der Geist um Wahrheit beten, denn wir erkennen Gut und Böse nicht.

Der Kosmos ist so groß, der in uns klein und jeder Stern ist wieder eine eigne Welt –
vielleicht ist schon sein Licht Vergangenheit, aus einer Zeit, die nicht mehr zählt.

Zuweilen staunen wir, wenn jeder Stern am dunklen Himmelszelt, sein Leuchten schenkt,
doch wir vergessen ihn in heller Welt, wenn unser Geist an andere Ziele denkt.

Im Frühling werden an den Zweigen Knospen sprießen, als ob sie neu geboren sind;
unzählig wird sich Blütenpracht ergießen und kurz gelebt, verwehen mit dem Wind.

Auch diese Zeit verweht. Ihr folgen, die einst neu geboren, blühen und vergehen;
der Kosmos ist so groß und wir in ihm verloren – wir können nur den kleinen Teil verstehen,

der sichtbar ist und unseren Blick erhellt, nicht was im Dunkeln liegt und außer Sicht.
Gerüstet schon, mit Wonne zu erblühen, ist die Natur im hellen Frühjahrslicht.

Tragik des Lebens

Foto: Gisela Seidel
Emporzusteigen auf dem Rücken anderer,
auf Herzen treten, kalt und rücksichtslos;
Erfolg zu haben, unter Welten-Wanderern,
immer nur nehmen, macht den Bösen groß.

Bringt es Befriedigung, bedeutend sein und mächtig,
was anderen schwer gelingen kann?
Viel schöner ist das Glück, das blüht und prächtig
durch eignes Tun im Menschenherz gelang. 

Ein Blümlein schauen, das im lichten Grünen
am Frühlingsmorgen Richtung Sonne strebt,
ist besser als Zertreten vor dem Blühen,
es auszureißen, damit der Rasen ‚lebt‘.

Andere Zeiten

Foto: Peter Henry Emerson (1856-1936)
Längst vergangen sind die beschwerlichen Zeiten, 
wo Bauern hinter Pferd und Pflug her schreiten,
im März, wo Äcker und Felder warten auf Licht,
und die Sonne durch Wolken und Nebel bricht. 

In der schwere Winde den Winter vertreiben,
aus gepflügten Schollen die Setzlinge treiben;
wo die karge Stube noch kalt von der Nacht
durch das wärmende Feuer des Ofens erwacht.

Wo die Hände der Landwirte schwielig und grob
von der harten Arbeit – schmal der Lohn und das Brot. 
Andere Zeiten - man vergaß mit den Jahren,
in ‚Goldener Zeit‘ nach dem Dunkel zu fragen.

Verlassen sein werden die kostbaren Schollen,
auf denen sie sich nicht mehr abrackern wollen,
damit auf ‚hohem Ross‘, mit schwerem Gerät,
Böden verseuchter Gewinn entsteht. 

Protest mit dem ‚goldenen Löffel im Mund‘ -
man will nicht verlassen den kostbaren Grund,
keinen Fußbreit abweichen von seinem Glück,
doch bleibt es nur kurz, wie der Lenz, ein Stück.