Herbstliche Gedankenwelt

Der Wind pfeift durch die Jalousien,
es stürmt der Herbst die halbe Nacht;
die heißen Sommerträume fliehen,
die Welt ist abgekühlt erwacht.

Die Muhme kehrt mit scharfem Besen,
und Oheim Frost deckt Blättergräber;
für das, was lebensvoll gewesen,
sind sie der Totenhemden Weber.

Die schwarzen Vögel kreisen wieder,
wenn feuchte Nebelschwaden ziehen;
krächzend lassen sie sich nieder,
um vor der Sturmgewalt zu fliehen. 

Ihr hohes Haupt bizarr entblößend,
stehen die Bäume ringsumher;
demutsvoll und Furcht einflößend
ist das sturmdurchheulte Meer.

Weist auf lange Winternächte,
wenn der Herbst das Land erfüllt -
will Reim an Reim zum Kranze flechten,
zum herbstlichen Gedankenbild. 

Heimatklänge

Bild von Konstantinos Skenteridis / Quelle: Pinterest
Von dem goldnen Sonnenwagen floh das Strahlen, 
und die feinen Engelsstimmen sangen, 
selig säuselnd, fernen lichten Worten folgend, 
schwerelos und traumverhangen.

Als Insekten heimelig in Düften schwirrten,
legte Regen sich aufs Land und brachte Leere.
Auf die grauen, trocknen Steine dieser Stadt,
rieselte das Nass aus Wolkenschwere.

Milde Winde streiften Grund und Boden,
schauerliche Klänge trafen ein mit dunklen Schatten,
wirbelten auf durstig, schwacher Erde;
fegten Blütenpracht aus farbigen Rabatten.

Wie ein Lindwurm, der mit feurig‘ Prahlen
Angst verbreitet, kam der Blitz mit Tosen,
mit weit aufgerissenem Rachen fletschte er die Zähne. -
Zerwühlt, zerfetzt, liegt aller Flor zu Boden.

Zum feuchten Grabe wurde Mutter Erde
und leckt sich ihre Wunden unter Schmerzen,
und die Natur, sie raunte ihr Gebet zum Himmel,
bittet um neue Kräfte, tief im wilden Herzen. 

Still schlich der Abend in den Tag und dunkelt,
schob Wolkenreste fort ins Niemandsland,
wo Wasser rinnt, vorbei an flachen Ackerbreiten,
mit denen sich der Heimat Klang verband. 

Gewitterstimmung

William Adolphe Bouguereau (1825-1905)
Voll Sorge saß ich lang,
als Regentropfen unaufhaltsam
gegen meine Scheiben klopften.
Mein Herz wurd’ bang.
 
Ich schloss das Fenster, weil es stürmte.
Die Straßen waren leer, das Leben fort;
am Horizont sich schwarze Wolkenmassen türmten,
bedrohlich war die Stille hier am Ort.
 
Ich schaute, wie der Sturm die Bäume knickte,
wich einen Schritt zurück in Sicherheit,
und als ich wieder auf die Straße blickte,
war keine Seele dort zu sehen, weit und breit.
 
Der Regen kam in sintflutart’gen Bächen,
die sich vom Dach ergossen, wie ein Wasserfall.
Es war, als müssten alle Dämme brechen
und die Natur ertrinken, überall.
 
Der Sturmwind heulte um die Dächer,
nahm Ziegel sich als Opfergabe
und in der Ferne zwischen Wolkenfächern,
durchzuckten Blitze, grell, mit Imponiergehabe.
 
Weltuntergang – die Luft ist stickig schwer,
nachtschwarzer Tag, gefärbt in gelbes Licht.
Nur Donnergrollen ist zu hören ringsumher,
die Erde zeigt ihr zorniges Gesicht.
 
Es ist, als würden alle Englein Trauer halten,
beweinen heut’ der Menschheit missliches Geschick,
ermahnen sie durch die Naturgewalten,
zur Umkehr und zur Demut – einen Augenblick.

In Windeseile

Ivan Konstantinovich Aivazovsky (1817 – 1900)

Es drückt wie Blei auf die Gemüter,
das dunkle Erbe letzter Nacht.
Lichtlose Zeit, wie graue Tücher,
hängst du erstarrt – was müde macht.

Das Rollo wird vom Sturm gerüttelt,
die Fenster zu, wie stumme Münder,
die Ohren lauschen, wenn es rüttelt
am Dachstuhl, wie ein Minenzünder.

Gedimmt erscheint die Helligkeit;
das Tageslicht hat zugedeckt
von letzter Nacht das helle Kleid,
in Windeseile ist’s versteckt.

Das Raunen, Pfeifen oder Rauschen
gleicht einer alten Melodie.
Der ‚kleine‘ Mensch muss ängstlich lauschen,
in demutsvoller Agonie.

Tanz des Windes

Songtext Übersetzung: „O Tag, erwache! Die Atome tanzen,
dank Ihm tanzt das Universum,
die Seelen tanzen, überwältigt von Ekstase.
Ich werde dir ins Ohr flüstern, wohin ihr Tanz sie führt.
Alle Atome in der Luft und in der Wüste wissen es genau, sie sind in einem Rausch.
Jedes einzelne Atom, ob glücklich oder unglücklich
verliebt sich in die Sonne, von der man nichts sagen kann.“

Der Sturmwind treibt den Winter aus,
er fegt das Land, die Stadt, das Haus,
er säubert Beet und Ecken,
die altes Laub bedecken.

Ganz wie ein Derwisch wirbelt er,
schwingt seine Röcke weit und schwer,
durchdringend wird sein Rauschen
und alle Ohren lauschen.

Das Heer des Himmels ist erwacht,
es treibt voran mit großer Macht,
die Welt ins Lot zu bringen,
nur Gott kann dies gelingen.

Aprilwetter

Winde stürmen heut ums Haus,
winden sich mit Saus und Braus
durch die alten Bäume,
löschen frühe Träume.

Regentropfen, monoton,
treffen stets denselben Ton,
wenn sie niederfallen,
prasseln und verhallen.

Hingeplätschert klingt ihr Takt
niederschmetternd abgehackt,
Tropfen-Partituren,
ticken wie die Uhren.

Winter schickt April ins Land,
naht sich ihm mit nasser Hand,
treibt die rohen Bläser,
über Fenstergläser.

Dunkelheit will heut’ nicht gehn,
lässt die Welt im Regen stehn,
Wetter bringt uns wieder
keine Sonntagslieder.

Der Wind, das himmlische Kind

Wind fegt die kalte Erde,
sattelt die wilden Pferde.
Sie schnauben und verwehen
und bleiben niemals stehen.

Weiß ist die Welt von Glitzer,
der Sturm ein Herrgottsschnitzer,
er weckt in kahlen Gärten,
des Winters Schlafgefährten,

nimmt mit in Windeseile
die losen Blätterteile.
Er braust durch Land und Straßen,
die Mensch und Tier verlassen.

Doch bald wird still das Sausen
und Ruhe folgt dem Brausen.
Das Volk, es schmückt die Fenster,
vertreibt die Wind-Gespenster

mit Tannengrün und Kerzen,
erhellt die trüben Herzen.
Im lichten Widerschein
tritt Seelenruhe ein.

Der fliegende Robert

aus: „Der Struwwelpeter“, Frankfurt, 1876

Wenn der Regen niederbraust,
wenn der Sturm das Feld durchsaust,
bleiben Mädchen oder Buben
hübsch daheim in ihren Stuben.
Robert aber dachte: Nein!
Das muss draußen herrlich sein!
Und im Felde patschet er
mit dem Regenschirm umher.

Hui, wie pfeift der Sturm und keucht,
dass der Baum sich niederbeugt!
Seht! Den Schirm erfasst der Wind,
und der Robert fliegt geschwind
durch die Luft so hoch, so weit.
Niemand hört ihn, wenn er schreit.
An die Wolken stößt er schon,
und der Hut fliegt auch davon.

Schirm und Robert fliegen dort
durch die Wolken immerfort.
Und der Hut fliegt weit voran,
stößt zuletzt am Himmel an.
Wo der Wind sie hingetragen,
Ja, das weiß kein Mensch zu sagen.

Kinderbuch von:

Dr. Heinrich Hoffmann (1809-1894)



Obwohl das Kinderbuch heutzutage zur ’schwarzen‘ Pädagogik gehört, war es noch zu meiner Zeit ein Mittel der Erziehung. Bereits mit vier Jahren konnte ich es auswendig. Es war Angst machend und doch spannend zu gleich. Ich habe mich in vielen Geschichten wiedergefunden.

Herbststimmung

Bild von ELG21 auf Pixabay

Wenn die Sonne nicht mehr scheinen will,
steht der Antrieb unsres Handelns still.

Die Natur zieht auf mit Wolkentürmen,
Regen wird das trockne Land erstürmen.

Wo der forsche Wind durch die Alleen weht,
werden grüne Wipfel wie im Tanz bewegt,

und der Herbst singt seine bunte Melodie,
„Abschied“, klingt im Blätterrauschen, irgendwie,

tragen das vergang‘ne Jahr im Blattgewand,
wenn sich Morgendunst im ersten Nebel band.

Frühlingshaft sind junge Menschenleben,
ganz von ungestümer Lebenslust umgeben,

doch bereits im blumenvollen Lenze,
bindet man des Herbstes letzte Kränze.

Wenn bei wilden Stürmen, nassem Wetter,
lichten sich die Zweige, fallen Blätter;

muss bei jedem müden Niedersenken,
an das Sterben von Natur und Menschen denken.

Gewitterahnung

Vor dem Gewitter – Ignaz Raffalt (1800–1857)

Alle Fenster weit geöffnet,
nur ein kleiner Luftzug strömt
in den schwefelgelben Morgen.
Horch nur, wie’s vom Kirchturm tönt!

Und die Vögel singen leise,
spüren, was da kommen mag,
drosseln ihre frühen Kreise;
Federn sind ihr Seismograf.

Dunkle Himmel, zugezogen,
ein Verbinden grauer Schwaden,
die auf blauen Sommerspuren
ihren Glanz verloren haben.

Alle Menschen atmen Schwüle,
jeder Schritt wird eine Last.
Glücklich schätzen wir die Kühle,
die im Winter uns verhasst.

Stimmungsvoll ist aufgeladen,
was die Stadt in Atem hält.
Zwielicht tilgt die frühen Farben,
grau und tot scheint unsre Welt.

Ahnung zerrt an Augenblicken,
es verstummt die Gegenwart.
Blitze gehn auf Himmelsbrücken,
fern noch klingt der Donnerschlag.

Ruhe vor dem Sturm! Beizeiten!
Wird die Welt nun untergehen?
In mir klingt’s wie Ewigkeiten:
Reingewaschen wird sie gehen.