Hilfloses Altern

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
Die Tür‘ fällt leis‘ ins Schloss!
Du musst verlassen deines Wirkens Stätte.
So, wie ein langer Regen sich ergoss
und dann versickert tief im Erdenbette,
so flossen deine Tage voller Schaffen,
doch langsam wich die Kraft aus deinen Zellen,
vorbei der Ansporn, das Zusammenraffen,
der Zahn der Zeit, er nagt an allen Stellen.
 
Ein letzter Blick fällt auf das Altvertraute,
ein tiefer Seufzer den Erinnerungen.
Der mit Elan einst Zukunftsschlösser baute,
ist ohne Ziele, hoffnungslos durchdrungen.
 
Die Wehmut lenkt die Schwere deiner Schritte,
nichts hält dich, niemand der dein Dasein wandelt;
was du einst liebtest und dich hielt in deiner Mitte,
ist doch längst fort, vorbei und abgehandelt.
 
Hältst Zwiegespräche mit den Unsichtbaren,
die schon vor langer Zeit die Welt verließen.
Hilflosigkeit wächst mit den täglichen Gefahren
und tückisch scheint der Weg unter den Füßen.
 
So gehst du hin in eine Heimstatt, die man wählte,
und überschaubar werden deine letzten Jahre.
Am Ort, wo die Vergessenheits-Gequälten
vergessen werden, steht bereits die Bahre.
 
Wenn Menschenhände dich längst losgelassen,
du mit Erinnerungen nur im Damals lebst,
bleibt dir nur Gott – er wird dich nicht verlassen,
wenn du auf deine letzte Reise gehst.

Welk geworden

William Adolphe Bouguereau (1825-1905)
Wie zwei welk geword’ne Rosen,
schließen sich die müden Lider,
sind des Blickes trübe Sehnsuchtslose,
fühl‘n des Wirkens Abschluss in den Gliedern.

Sind verbraucht, ein winzig Licht in ihnen,
bis ihr letzter Lebenshauch verlischt;
schlafen hinter blassen Traumgardinen
wo ihr eigner Himmel Richtung ist.   

Letzter Kampf streckt hin die Glieder,
gegenwärtig Abschied und Verzicht.
Ihrem Antlitz spielt ein Lächeln wider,
doch gelöst und geistlos ist der Blick.

Nebelgeister schweben durch die Räume,
ziehn wie graue Schleier durch die Schwere,
trennen sanft die Silberschnur der Träume,
füll‘n mit goldnem Licht die Grabesleere. 

Sieg und Niederlage

Wilhelm Richter (1824-1892) -Spiel mit Zinnsoldaten
Mensch quält nicht nur in Kriegen Artgenossen -
mit Zinnsoldaten spielt heut niemand mehr -
wehrlos wird manches Blut vergossen,
vor Totgeweihten steht ein ganzes Heer. 

Soldaten, sie sind einst von Frauen geboren,
unschuldig waren sie und frei von Pflicht.
Hypnotisch haben sie Gefühl verloren,
als dann der Geißel Einfluss in ihr Leben bricht. 

Sie schlagen herzlos um des Schlagens Willen,
gerissen lauern sie den Opfern, wie im Spiel.
Wie Zinnsoldaten, die des Satans List erfüllen,
sind sie sein Werkzeug. Töten ist sein Ziel. 

Das Spiel der Seelenkräfte kennt nicht Niederlage,
nicht Sieg, nur des Erlebens Sinn,
durch Freud und Leid beseelt sind unsre Tage,
in Tod und Auferstehung wachendes ICH BIN.

Lebensspirale

Lia Chechelaschwili *1971

Wenn stiller Tag Erinnerungen findet,
der Jahre, die vorüber, eilt die Zeit.
Wie eine Spule, die sich schneller windet,
wenn nur noch wenig abzuspulen bleibt.

Nur noch ein kleines Bisschen! Die Spirale,
sie dreht fast unsichtbar im raschen Kreis.
Die Optik täuscht. Kurz steht es vorm Finale,
in dem der Spule letzter Inhalt reißt.

Ein Schattenspiel – es endet im Verblassen,
macht manche dunklen Töne hell und licht.
Durch Nebel geht das irdische Verlassen,
wenn Sonne durch die Himmelsfirnis bricht.

So duftig trägt der Wolkenzug das Ende,
wie Zuckerwatte, süß, in höchstem Glück,
und die Spirale zieht schon längst in Wende,
ein neues Band – ein neues Lebensstück.

Sterbetage

Die Tage ziehn weiter, das Jahr geht dahin.
Bald kommen die düsteren Tage.
Ende Oktober ist Sterbebeginn,
dann trag ich sie nochmal zu Grabe.

Nur manchmal hab ich am Rand gestanden,
meinen Blick in die Tiefe gewandt,
dort lagen sie, die sich im Sarge befanden.
Haben sie meine Seele gekannt?

Mit ihnen verbrachte ich Lebensstunden,
habe schweigend geweint und gelernt.
Seit Jahren sind sie vom Erdball verschwunden,
der Tod hat sie von mir entfernt.

Es war keine Bindung, keine Liebe zu spüren,
meine Kindheit war tägliches Muss.
Bis heute will sich keine Träne rühren,
trotz des Dramas tragischem Schluss.

Die Gruft meiner Eltern belegt Mutter allein,
Jahrzehnte konnten nicht binden.
Nachdem sie starb, verkaufte Vater das Heim,
konnte noch eine zweite Frau finden.

Auch sie sind schon fort; mein Vater liegt fern.
Im Gedächtnis werden sie nicht schwinden.
Dann starb mein Sohn – verloschen sein Stern,
er ruht nun in friedlichen Gründen.

So weht des Lebens Hauch durch die Zeit,
wie ein Atemzug unserer Erde,
es erntet der Tod, macht den Platz bereit
und spricht sein stilles „Es werde!“

Schwarze Autos

Traum vom Tod
VW-Käfer 1302 – Quelle: Fahrzeugbilder.de/Foto: Johann F.

In meinen Träumen sehe ich mich nie selber, sondern erlebe alles nur durch meine Augen.

In der Nacht vom 5. auf den 6. Oktober 2021 träumte ich intensiv.

Ich sah mich vor einem großen, altertümlichen Klostergebäude. Es war ein rotes Gemäuer mit vielen Kaminen und Türmchen auf dem Dach.

Bild von Peter H auf Pixabay

Irgendwo darin lebte ich für eine Weile. Ich lief überall in der Gegend umher und schaute mich um. Niemand war da, außer mir. Ein verlassener Ort.

Verwundert machte ich im Abendlicht vor einem Parkplatz Halt. Dort stand ein schwarzer VW-Käfer. Er schien frisch poliert zu sein und glänzte im Laternenlicht. Darin saß ein Fahrer, der mir aber keinen Blick schenkte. Dann ging ich weiter, obwohl ich mich wunderte, weil niemand sonst hier war. Es sah aus, als wartete der Fahrer auf jemanden, um ihn abzuholen.

Ich ging in das verlassene Haus zurück. Nach ein paar Tagen lief ich wieder den Parkplatz entlang. Wieder stand dort der schwarze VW, diesmal mit einem anderen Fahrer.

Nachdenklich lief ich ins Haus zurück, sah es aber niemals von innen, nur von außen.

Nachdem nochmals einige Zeit verstrichen war, bin ich erneut zum Parkplatz gelaufen. Dort stand der schwarze Wagen, jedoch ohne Fahrer. Mir war, als würde der Tod dort stehen, um jemanden abzuholen.

Ich dachte nur: „Der dritte Wagen ist für mich bestimmt.“
Nur der Fahrer war noch nicht vorhanden.

Danach erwachte ich verwirrt.

Eigentlich mag ich schwarze VW-Käfer mit silbernen Zierleisten.

Tierseelen

Bild: Karin M.

Eure Seelen sehe ich geöffnet und warm strahlend. Und auch die kleine Seele, die sich losrang von ihrem Körperchen, das die beengende Hülle war, die gesprengt wurde, sehe ich. Diese kleine Seele umschwebt Euch noch. Und wie sie Eure Wärme, Euren Schutz suchte, als sie noch in der Hülle lebte, will sie auch jetzt noch Euch gehören und aus Euch Kraft gewinnen. Durch gute Gedanken, die nach oben weisen, könnt Ihr helfen – nicht aber durch Gedanken, die sich mit ihrer zerbrechlichen Hülle beschäftigen. Denn das Seelchen, das frei wurde, will des neuen Lebens teilhaftig werden und nicht zurückgerissen sein in die Gefangenschaft des Körpers.

Die Tiere im Wald haben es leichter, sich von der Hülle zu lösen, denn sie sind freier und naturnäher. Und der großen Kraft, die sie ergreift und fortführt, setzen sie keinen Widerstand entgegen. Anders die Tiere, die beim Menschen leben. Sie sind gebunden durch ihre Zuneigung zu ihm, aber sie sind dadurch auch bereichert und vertieft.

Immer und auf jeder Entwicklungsstufe ist es so, dass höhere Empfindung mit stärkerem Leid bezahlt werden muss. Doch Leid ist ja nicht das, was Ihr darunter versteht. Es ist für die Seele wie für den Geist ein höheres, herrlicheres Fühlen, ein Schwingen in umfassenderen Akkorden. Damit sage ich Euch, was Ihr oft nicht verstehen könnt, warum die unschuldigen, reinen Geschöpfe der Natur leiden müssen: es ist ein Umschwingen! Alles, was Ihr Qual nennt, ist nur ein Umschwingen und Bewusstwerden. Der Weg durch die Tode ist immer ein Prozess der Bewusstwerdung. Aus jedem geht die Seele bewusster und gestärkter hervor.

Ist es nicht gleichfalls qualvoll, sich wieder erinnern zu wollen und Stück für Stück Eurer Vergangenheit der Unbewusstheit abzuringen? Dieser Schmerz und dieses Glück ist der Sinn aller Geschöpflichkeit. Alle Wesen sehnen sich, alle suchen, alle warten. Und ein langsames Wiedererinnern an den Ursprung, dem alle wieder zustreben müssen, ist allen Wesen treibend.

Da die Seele Eures kleinen Hündchens viel gelernt hat auf ihrem Weg und mehr gelernt hat durch den Zusammenhang mit menschlichen Gefühlen als die Tiere des Waldes, wird sie von den Seelen, die ihr Führer sind, erfasst und empor getragen. Und eine Ruhezeit wird ihrer irdischen Entwicklung folgen in jenen Sphären, wo die Tiere Freunde der Geister sind, und sie wird so ausleben und ausweiten, was sie bei Euch lernte, während die Tiere der Wildnis oft gleich aus dem einen Gehäuse in ein anderes wandern.

Ihr könnt dem Seelchen auf diesem Wege mitgeben von Eurer Erkenntnis, und es wird Euch dankbar verbunden bleiben, bis ein nächstes Zusammenfinden – sei es in einem neuen Leben oder in einem Leben in einer anderen Sphäre – die einmal geknüpfte Verbindung vertieft. Denn es kommt immer wieder zueinander, was einmal miteinander verbunden war.


<Ephides>
aus Band VII, Turm-Verlag (1978)

Katzen im Warntraum und die dunkle Ebene

Bild: Karin M.

Den Jahreswechsel 20/21 verbrachte ich notfallmäßig in einem Krankenhaus. Fast wäre ich an einer Blutvergiftung gestorben, weil ein Nierenstein meine Harnröhre blockierte. In letzter Minute wurde ich davor bewahrt. Eine ehemalige Kollegin schickte mich zum Corona-Test, nachdem ich ihr am Telefon von meinem andauernden Fieber berichtet hatte. Die mir unbekannte Ärztin, über die ich einen PCR-Test gemacht habe, weil ich nicht mehr ein noch aus wusste, überreichte mir einen Urinbecher. Der Inhalt hat uns wohl beide aufgeschreckt, denn sie rief mich an, nachdem ich ihr den Becher per Taxi bringen ließ. Sofort in die Notaufnahme! Wie ein Fingerzeig von oben.

Ein paar Wochen zuvor hatte ich einen Traum vom Hochhaussturz.
Meine Katze balancierte auf der äußeren Fensterband und fiel dort vom 20. Stock. Nach dem Aufprall, den ich miterlebte, hätte sie tot sein müssen, stand dann jedoch wieder auf und lief zum Eingang. Da mir ein Katzentraum meistens eine Krankheit beschert oder andere Unannehmlichkeiten, war ich damals beunruhigt. Doch dann habe ich die Warnung beiseitegeschoben und nicht mehr daran gedacht, bis zur Noteinweisung.

Auf jeden Fall ging es mir im Krankenhaus nicht gut. Wegen Corona gab es Besuchsverbot, aber ich habe weder Familie, noch sonst jemanden, der hätte kommen können. Mein Sohn war vor ca. 2 Jahren mit 37 gestorben. Er fehlt mir sehr! Mein Lieblingsmensch, mein Vertrauter, hatte mir 2018 während meines Schlaganfalls täglich zur Seite gestanden.

Kurz nach dem Jahreswechsel, da träumte ich in der Klinik einen sonderbaren Traum: Ich war plötzlich auf einer anderen Ebene. Sie war ganz und gar dunkel. Die Straßen, Häuser, Bäume, ja sogar der Horizont waren es, jedoch heller umrissen, ähnlich wie bei einem Negativ. Ich lief bis zu einem großen, offenen Torbogen. Dahinter befand sich mein Sohn. Er war ganz in schwarzes Leder gekleidet: schwarze Hose und Hemd und ein langer schwarzer Mantel, wie im Film „Matrix“.

Mein Sohn spielte mit einem schwarzen Panther. Als er noch lebte, träumte er immer davon, mit einem solchen Tier spielen zu können. Er liebte Tiere und besonders Katzen. In meinem Traum lagen viele davon um ein Feuer herum. Dort saß er. Überall schwirrten Blumen, mit Gesichtern, die sich öffneten und wieder verschwanden.

Dann sah ich Felder, wie auf einem Brettspiel aus Karton. Eines zeigte ein filmähnliches Geschehen: Da war eine Frau, die Ordnung machte und irgendwelche Unterlagen sortierte. Diese Bilder waren farbig. Ich fragte mich, ob ich diese Frau gewesen bin? Dann wurde das Spielfeld gelöscht, wie eine Episode, die abgehandelt war. Mein Sohn hatte bei dieser Frau Ordnung lernen sollen. Falls ich dort dargestellt worden war: es hatte nicht geklappt. Mit einem Mal verstand ich, warum das so war. In seiner Welt brauchte er nur die Natur! Im Leben hier, war er immer genügsam gewesen und bestach durch seine Gelassenheit, die wiederum ein Schutz für ihn war.

Hier gab es die erzwungene Ordnung, da die zwanglose Idylle…wie Freiheit.

Im Traum habe ich mir alles staunend angeschaut. Mein Sohn stand plötzlich am Tor und lehnte an einem der Pfosten. Ich lief dorthin und wusste, dass ich gehen muss. Wir umarmten uns lange und verabschiedeten uns mit einem Kuss. Ich wusste, dass es ihm gut geht und das beruhigte mich. Sein Erscheinen im Traum war wie ein Besuch im Krankenzimmer. Ich war nicht alleine! Noch heute denke ich oft an dieses Traumbild. Es hilft mir weiterzumachen. Jedes Mal, wenn ich traurig bin, denke ich daran und sehe meinen Sohn glücklich, mit seinen Tieren.

Wer mehr darüber erfahren möchte:
https://www.gottes-bilderbuch.de/ueber-mich/zum-gedenken

Ermahnung aus dem Jenseits

Guido Reni (1575–1642) – Das Gemälde zeigt die Göttin der Morgenröte in Begleitung eines Cherubs, der den Morgenstern symbolisiert. Gefolgt wird sie von sieben Horae, also Stundengöttinnen, sowie dem vierspännigen Wagen Apollons. Aurora streut Rosenblätter und verbreitet Morgenröte über die Welt.

Überwunden
sind die Stunden
meines Sterbens. –
Und ich lebe!
Und erhebe
meine Stimme, und ich klage
an und frage euch,
ihr Priester des Verderbens:
Schreit ihr nicht durch alle Gassen,
gottverlassen
sei die Erde?
Und die Menschheit eine Herde
triebbesessner,
pflichtvergessner
Zufallswesen, preisgegeben
einem Leben,
das nichts birgt als den Genuss?
Und sein Schluss
die Grabesstille?
Keines Schöpfers hoher Wille,
nur der Willkür blindes Spiel,
ursachlos und ohne Ziel
ist das menschliche Gewimmel?
Über ihm ein leerer Himmel? –
Die ihr solches lehrt und lebet,
hört: Ihr gebet
Steine jenen,
die voll Sehnen
Brot erbaten.
Eure Taten
sind Verbrechen. Drei Mal Wehe!
Eure Nähe,
pesthauchgleich und krankheitsbringend,
glückverschlingend!
Euer Lehren,
euer Wehren
ist vergebens:
Das Gesetz wird euch erfassen.
Denn wir lassen
nicht vom Rufen, wir, die Toten,
wir die Boten
ew’gen Lebens.

<Ephides>

Universum

Fraktal: Karin M.

Unendliche Kreation
aus Energie und Materie.

Vor Äonen von Jahren
geschaffen aus Od, Klang und Licht.
Wunder der Ordnung.

Vollkommene Reinheit.

Dehnung und Weite.
Werden und Vergehen.
Apokalyptisch dein Ende.

Licht über Chaos und Finsternis,
vergeistigst, verdichtest, gebierst.

Herr über Leben,
nimmst dem Tod den Stachel.