Wortverloren

Carl Spitzweg (1808-1885) – Der arme Poet
Es sprach ein schöner Satz in mir, 
nun ist er fort – ich will ihn wieder.
Wollt‘ vom Gedanken auf’s Papier,
doch ich schrieb ihn nicht nieder.

Nun ist er weg aus meinem Kopf,
gänzlich, wie weggeblasen,
ich grüble hier, rauf mir den Schopf –
ich hab ihn gehen lassen. 

Er rüttelte in meinem Hirn
und wollt um Achtung bitten,
da kam des Schlummers kurze Rast,
dann ist er mir entglitten. 

Nun denke ich den lieben Tag
an die vergess’nen Worte,
und weil ich kein Erinnern hab,
schloss sich des Denkens Pforte. 

Mein Satz ist fort, kehrt nicht zurück -
er wird es mir verzeihen,
bleibt er ein längst vergessenes Stück
des Aneinanderreihens.

Feuer der Liebe

Bild von Willgard Krause auf Pixabay
Ströme des Leidens,
wie in glühender Lava zu steinernem Strom erstarrt,
stirbt das Leben den Tod des Erkaltens.

Von lieblosen Herzen zu Eis verwandelte Welt,
du trägst in dir die Kunst des Verwandelns.
Mit flammender Seele taue auf das Eis,
mache fruchtbar die Erde durch furchtloses Handeln.

Gott legt Stille um die Schattenherzen,
bringt sie ins Reich des Vergessens,
stillt die Ströme des Leidens durch Hoffnung,
schmiedet mit Feuer der Liebe 
den Ring der Verbundenheit. 

Vergangenheit

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Caspar David Friedrich 1774-1840

Gewesen ist, was längst vorbei,
doch liegt Vergangnes in den Zellen,
schäumt die Erinnerung dabei
sich manchmal auf zu Sturmeswellen.
 
Hast du verdrängt die alten Lasten,
so stecken sie doch tief in dir;
du willst zu neuen Dingen hasten,
blockierst dir selbst die offne Tür.
 
Will die Erfahrung dunkel trüben
die wahre Sicht, die gar nicht schlecht,
lässt dich dein Zweifeln unterliegen –
wird der Vergangenheit gerecht.
 
Die Zeit hüllt den Vergessensschleier
um alle Dinge, die geschehn,
denk‘ an den Morgen, werde freier,
dann wirst du bald die Sonne sehn.