Bild im Spiegel

Velazquez, 1599–1660

Der Himmel hat die Schleusen aufgerissen,
in Regenschauern versinkt Sicht und Weg.
Wir alle wandern, ohne Ziel und Wissen
und suchen nach der Heimat sichren Steg.

Die Wetter tragen Saatgut unsrer Taten
bis die Welt an ihnen darbt und blüht.
Sind sie gar verdorben und missraten,
ernten wir die Schuld, bis es genügt;

bis das Bild im Spiegel klar geworden,
bis das Echo aus der Umwelt lacht.
Wir kreieren weise unsren Morgen,
Zustände des Gestern sind vollbracht.

Umwelt ist geformt nach unsrem Bilde.
Im Erkennen sehn wir „Das bin ich!“
Hoffnungsfroh sucht man des Bildes Milde,
und versteht: Ein Neubeginn ist Pflicht!

Wir sind auf dem Weg, uns selbst zu finden
und bemühn uns, Gutes auszusäen,
Zustände von Gestern überwinden,
keine Macht dem Zeitgeschehen.

Neues Jahr 2024

Quelle: Pinterest
Das reine, nicht gelebte,
wie ein Buch,
mit leeren Seiten,
vom Leben selbst beschrieben,
mit Wahrheit, Hoffnung,
Krieg und Frieden,
mit Gutem und mit Bösem,
mit hellen oder dunklen Zeichen
zur Freude oder gar zum Leid,
hält jeden neuen Tag
dir als Geschenk entgegen.

Wie du die Stunden füllen wirst,
mit Leben oder Tod,
mit Liebe, Abschied,
liegt in deiner Hand…
ist Gottes Plan.

Das alte Jahr verging;
Schicksale, die es trug,
sie knüpfen an und werfen Schatten
auf das unbefleckte, neue.

Im Buch des Lebens
schlägt Gott die nächste Seite um.
Fülle mit deinem Licht die Tage
deiner Jahre.
Beleuchte alles Dunkle,
löse auf die Schatten,
zu neuer Hoffnung,
in ewigem Kreislauf!

Übersetzung:

New year

The pure, not lived,
like a book,
with blank pages,
written by life itself,
with truth, hope,
war and peace,
with good and with evil,
with light or dark signs
to joy or even to sorrow,
holds each new day
as a gift to you.

How you will fill the hours
with life or death,
with love, farewell,
is in your hands…
is God’s plan.

The old year passed;
Fates it bore,
they tie up and cast shadows
on the unsullied, new one.

In the book of life
God turns the next page.
Fill with your light the days
of your years.
Illuminate all darkness,
dissolve the shadows,
to new hope,
in eternal cycle!

Wenn die Nacht kommt

Quelle: Pinterest – „Sehnsucht“ – Kinga Britschgi
Wenn die Nacht kommt, 
hängen Schatten noch schwerer,
scheint der Raum um mich leerer,
nur die Gardinen bewegt der Wind.

Wenn der Schlaf kommt,
schließt mir Schwermut die Augen,
das Leben will sie mir rauben,
wie in Adern, das Blut sein darin. 

Wenn mir ein Traum kommt,
mit namenlosen Gesichtern,
bin ich abseits in blendenden Lichtern,
durchschienen und stumm.

Wenn ein Zeichen kommt,
eins mit den großen Zukunftsvisionen,
seh‘ ich mich im Nirgendwo wohnen,
unendlich glücklich darum. 

Reifezeit

John Atkinson Grimshaw (1836 -1893)
Graue Welt, nach langersehntem Regen
sind die Farben dir im Nass verwaschen,
und der sehnsuchtsvoll erbet‘ne Segen
legt sich über Land und Menschenmassen.

In den Pfützen springen Regentropfen;
gegen gelbe Wipfel stößt der Wind,
hinter Wolken liegt der Himmel offen,
Fensterscheiben sind beschlagen, blind. 

Nuancenreich und gelblich überhaucht
scheinen herbstlich alle Pfade hier,
wo der Weg im Nebel untertaucht,
zeigt das Tor zur großen Rast sich mir.

Abgeerntet geht die Welt in Ruhezeit, 
beendet aller Früchte Reifefrist.
Trägt ein Bild von Makellosigkeit,
die Geist der ewig jungen Zukunft ist. 

Nach Ostern

Vladimir Kush (*1965 )
Kein Läuten mehr – die Osterglocken schweigen!
Still lastet Schwere auf dem kalten Tag,
und wieder liegen Fröste auf den Zweigen,
als wenn die Welt uns nicht mehr blühen mag.

Das Vogelsingen ist heut leis geworden.
Die Straßen leer, selbst Kinderlachen schweigt.
Das Leben scheint mir beinah ausgestorben,
wenn rauer Wind die frischen Wipfel streift.

Die Jahre sind so schnell dahingegangen.
Es blieb ein welker Kranz aus ferner Zeit.
Ob meinem wehen Herzen noch, dem bangen,
ein wenig Zuversicht erhalten bleibt?

Wohl dem, der aus des Lebens schweren Tagen
und aus den Stunden ungetrübten Glücks
ein Leuchten darf in seiner Seele tragen…
ein Sonnenlächeln göttlichen Geschicks.

Wahrsagekarten

Skat-, Lenormand- und Kipper-Karten
Marie Anne Lenormand, verhaftet in Paris am 11. Dezember 1809.

Es gibt zahlreiche Variationen dieser Karten im Handel. Ich hatte alle Arten in Gebrauch. Es hat sich nach langen Jahren herauskristallisiert, dass ich die Kipper-Karten bevorzuge, weil sie mir die klarsten Bilder zeigen.

Das mag für viele unverständlich sein. Sie denken, dass man überhaupt nichts ‚sehen‘ kann. Alles nur Blödsinn um Geld zu machen? Da bin ich aufgrund meiner Erfahrungen geteilter Meinung. Es gibt sicher Astro-Portale, bei denen fast alle Wahrsager behaupten, sie könnten etwas sehen, was andere nicht sehen. Sie können mit Verstorbenen in Kontakt treten und die Zukunft voraussagen.

Wenn man in Not ist und die Sehnsucht ein Ventil sucht, greift man nur zu oft auf solche Seher zurück. Da spreche ich aus eigener Erfahrung. Die Beratung durch viele verschiedene Wahrsager, hat mich vor Jahren sehr viel Geld gekostet. Aber das war Lehrgeld! Oft lässt man erst die Finger davon, wenn es weh tut.

In meiner Familie, mütterlicherseits, war der Umgang mit diesen Dingen nichts Besonderes. Da meine Oma in Ostpreußen einige Berührungspunkte mit Geistwesen, Magie und Jenseitskontakten gehabt hatte (s. S. über Ostpreußen), sprach sie immer wieder Warnungen deswegen aus. Oma war eine fromme Person, die oft die Bibel studierte. Deshalb hat sie das Schicksal der Wahrsager im Alten Testament sehr ernst genommen, denn die sollten damals mit dem Tod bestraft werden. Das Deuten der Zukunft war natürlich mit einem finanziellen Obolus verbunden, was alleine den Priestern vorbehalten war.

Oma legte zwar Patiencen, vermied hier aber Zukunftsfragen. Schon als kleines Kind sah ich meine Mutter manchmal Skat-Karten legen. Dies habe ich dann im frühen Erwachsenenalter übernommen. Jede Farbe, Zahl und Kombination war von Bedeutung. Wenn meine Mutter drei schwarze Siebener nebeneinander legte, kam bald darauf die Nachricht von einem Todesfall. Diese Deutung habe ich beibehalten. Es gibt ähnliche, mit drei schwarzen Assen, die dasselbe aussagen. Zufall?

Anfangs hatte ich darin eine Spielerei gesehen, ein Zeitvertreib. Mit der Zeit kristallisierte sich dann doch heraus, dass man den Bildern, die man legte, glauben kann. Nur die Deutung war anfangs schwer, weil ich nicht über die nötige Einbildungskraft verfügte.

Bald stellte ich fest: Nicht alle Kartenbilder ‚sprechen‘ mich an. Weder die Karten ‚des fahrenden Volkes‘, noch die Lenormand-Karten sagen mir etwas. Schließlich legte ich hauptsächlich Kipper-Karten. Ich habe mir angewöhnt, nichts zu fragen und lasse die Bilder sprechen. Oft schweigen sie. Dann passiert wirklich nichts in meinem Leben. Dann wieder zeigen sie Geschehnisse in der Zukunft, manchmal Unfälle, sogar Schäden am Auto, Krankheiten und auch Todesfälle.

Früher habe ich für andere Personen gelegt, jedoch immer unentgeltlich. Ich bin kein Profi und spreche aus, wenn dort nichts liegt. Jetzt lege ich nur noch für mich selbst, vielleicht ein Mal monatlich. Ich verlasse mich mehr auf andere Hinweise, wie zum Beispiel auf meine Träume.

Auch mein Pendel ist sehr aussagefähig. Aber darüber berichte ich ein anderes Mal.

Meine Geschichte:

Es war Ende 1979, als ich zum ersten Mal mit einer Freundin eine professionelle Kartenlegerin besuchte. Es war eine deutsche Frau im mittleren Alter, an die ich heute noch gerne zurückdenke, die aber leider bereits vor vielen Jahren verstorben ist.

Was sie damals in den Lenormand-Karten gesehen hat, wurde bis heute von keiner anderen Aussage an Präzision übertroffen. Die Wohnung dieser Kartenlegerin machte einen positiven Eindruck, und obwohl ich ihr langes Gewand ungewöhnlich fand, bemerkte ich gleich ihre freundliche Art und fasste Mut zur Offenheit.

Schon beim Legen meines Kartenbildes schreckte sie zurück und sagte, dass sie noch nie ein so schlechtes Bild gelegt hat. Nach der Deutung schob sie alle Karten eilig zusammen, damit die negative Schwingung nicht auf eine andere Person übertragen werden konnte. (?)

Damals hatte ich gerade den Vater meines jüngsten Sohnes kennengelernt und wollte natürlich wissen, wie es mit uns weitergeht. Ihre Aussage hat mich nicht erfreut: Er hat noch eine andere Frau und lebt in einem Blumenland am Wasser. Die Frau ist schwanger von ihm und wird nächstes Jahr das Kind bekommen. Er ist ein Narzisst, mit vielen anderen Frauen, die für seinen Lebensunterhalt sorgen.

Weitere Aussage: Am 31. Juli 1980 werde ich zu einer Feier bei einer wohlhabenden Familie eingeladen. Wenn ich dort einen Vertrag unterschreiben würde, wäre das ein großes Unglück für mich.

In zwei Jahren würde ich schwanger und ein Kind zur Welt bringen.

Und letztendlich: Mit 50 Jahren würde ich endlich das machen, was ich schon immer machen wollte.

Hier stimmte alles: Der damalige „Herzensmann“ wohnte in Den Helder, direkt an der Nordsee. Er hatte dort eine Geliebte, die schwanger war. Sie bekam insgesamt drei Söhne von ihm. Das erfuhr ich aber erst vor einigen Jahren. Auch die Aussage über die vielen anderen Frauen stimmte. Es existiert ein Gedicht von einem holländischen Dichter im Internet, der genau das beschreibt: E. und eine seiner Frauen, mit denen er ein Kind hat.

An oben genau benanntem Tag schloss ich auf der Feier einen Pachtvertrag ab, obwohl ich vor kurzem erst eine schwere Darm-OP hinter mich gebracht hatte. Ich pachtete eine Gaststätte in der Nähe des Ostausganges Bahnhof Duisburg. Bereits Anfang 1981 musste ich sie mit enormen Schulden schließen, weil die Pächterin die Kneipe hinter meinem Rücken verkauft hatte.

Ende 1981 wurde mein Sohn Patrick geboren.

Mit 50 Jahren habe ich zu schreiben begonnen.

Orakel

Orakel – John William Waterhouse (1849-1917)

Gefangen in Zukunftsängsten,
Alleinsein – ein bedrückendes Los.
Grübeln, ständiges Denken,
macht Albträume doppelt so groß.

Verzweifeltes Ringen um Wahrheit,
Gedankenlesen das Spiel.
Das Hirn des Geliebten trägt Klarheit,
Eindringen der Wunsch und das Ziel.

Liebt er mich? Wird er bleiben?
Gar Frau und Kinder verlassen?
Will er ohne mich sein; soll ich leiden?
Wird die Not um mich jemals verblassen?

Weise Frauen will ich befragen,
sie soll’n für mich positiv denken.
Viel Geld werd‘ ich zu ihnen tragen,
mein Schicksal soll’n sie für mich lenken.

Sie fassen beruhigend in Worte,
ein traumhaftes Bild von der Liebe,
vom Geldfluss, vom besseren Orte,
vom Wohlstand, der kommt und bliebe.

Du verlässt das Orakel in Sicherheit,
eine schöne Zukunft soll kommen;
schon wenig später stehn Zweifel bereit,
Zuversicht wird dir wieder genommen.

Fremdes Glück, das du erstrebtes,
würde allen nur Unglück bringen,
war doch nur ein im Traum Gelebtes,
ein Trugschluss, ein falsches Ringen.

Maß der Zeit

Göttliche Geometrie – Vladimir Kush (1965 – )

Das Maß der Zeit, vergangenes Empfinden,
verschmilzt alsdann mit Gegenwart,

lässt Künftiges in Hoffnung gründen,
die eine Aussicht hat, auf Tat.

Ereignisse, die Wellen schlagen,
sind bald schon in vergangener Zeit,

wenn sie jedoch Gefühle tragen,
sind sie stets Gegenwärtigkeit.

Ist das Empfinden einst vorüber,
ziehn sie in „alte Zeiten“ um.

Wir ordnen Zeit, wie Pflanzenfreunde
die Blätter im Herbarium.

Bestimmen taktvoll unser Leben,
gleich, wie das Pendeln einer Schwingung;

die Rotation der Erdumläufe
sind unsrer Zeiteinheit Bedingung.

Der Zeiten Anfang? – Unerklärlich!
Es bleibt uns ein Mysterium.

Sterblich sind wir – Allväter ewig,
hier bleibt das Universum stumm.

Der alte Baum

Foto: Mariamne, Pixelio.de

Ein alter Baum, der sich gen Himmel streckt,
zu dessen Krone Zweig an Zweig sich binde,
der unter dunkel, harter Borkenrinde
die Ringe seiner Jahre wohl versteckt.

In hundert Jahren wird er noch hier stehen,
wenn sich die Zeit schon lang gedreht
und neuer Geist durch Land und Köpfe weht,
hat er so manchen Sturm gesehen.

Sein Laub singt uns im Wind die alte Weisen,
von Liebesglück und Leid, das er geschaut,
und nur ein winzig Herz, geritzt in seine Haut,
wird mit ihm in die ferne Zukunft reisen.

Zauberschleier

Der Morgen – Caspar David Friedrich (1774-1840)

Verhüllt liegt unsre Zukunft, weltverborgen,
und um uns webt der lichte, helle Morgen,
die weißen Zauberschleier in den Tag.

Am Abend wirft die Nacht die langen Schatten
und legt sich auf des Tages Lasten nieder;
leise raunt die Natur die alten Lieder,
auf den Rabatten.

Die Weise, die erklingt, so fern der Nöte,
sie schwebt zum Wohle aller durch die Nächte,
als ob sie allem Übel Tröstung böte
und Freunde brächte.

Wer hoffend lauscht, den wird der Segen finden,
er eilt von Herz zu Herz, wie ein Gebet.
Den rechten Weg, wirst du ergründen,
wenn deine Seele es erfleht.

Wenn du die Liebe fühlst, so ganz durchdrungen,
dann öffnest du dich deinem Gott in dir.
Folge der Stimme, voll Vertrauen, unumwunden,
öffne die Tür.